SPD Wannweil

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Peer Steinbrück zu Besuch in Reutlingen

Veröffentlicht am 08.03.2011 in Ortsverein

Mitglieder des OV Wannweil bei Peer Steinbrück

„Wenn Sie nicht zur Wahl gehen, weil Sie sich vielleicht nicht für Politik interessieren, dann sollten Sie wissen, dass Sie unter Umständen hinterher von Leuten regiert werden, die dümmer sind als Sie!“
Peer hatte die Lacher oft hinter sich, wenn er allgemein verständlich und humorvoll bis sarkastisch Genese und Umfang der Finanzkrise von 2008 beschrieb (Minuswachstum -4,5%), der schwersten Krise nach 1945; im Vergleich dazu war die Ölkrise von 1975 mit einem Minuswachstum von -0,9 % eine Lappalie.
Die Strategen, die diese Krise meisterten, waren nicht „die anderen“, wie er selbstbewusst unterstrich, es waren die SPD-Minister der großen Koalition (Steinmaier, Scholz, Steinbrück), die nicht nur mit einer 500-Mrd-Bürgschaft die Banken retteten, weil das Finanzsystem das „Arteriensystem“ der Wirtschaft ist, sondern mit den beiden Konjunkturprogrammen (selbstredend Kredit finanziert, „wie denn sonst!“) auch dafür sorgten, dass Deutschland insgesamt besser aus der Krise kam als manch anderes Land: so hielt die Kurzarbeiterregelung Menschen in Arbeit und das kommunale Investitionsprogramm mit einem Umfang von 10 Mrd. € ermöglichte Investitionen in den Kommunen, wodurch wiederum das heimische Gewerbe gestärkt wurde, was umso bedeutsamer ist, als in Deutschland 24 % der Wirtschaftsleistung vom produzierenden Gewerbe und von „produktionsorientierten Dienstleistungen“ erbracht würde (in den USA nur 12 %).
Was ist aber die spezifische Handschrift der SPD in der Frage der Bankenrettung?
„Mein Respekt gegenüber den Banken entspricht dem, den Sie den Politikern entgegen bringen.“
Die SPD will Banken und Gläubiger an den Folgekosten der Krise, die sie maßgeblich mitverschuldet haben, beteiligen, nach dem Grundsatz, dass Haftung und Risiko zusammenfallen müssen, denn man kann nicht akzeptieren, dass Gewinne privatisiert, Verluste aber sozialisiert werden. Deshalb ist Peer Steinbrück für Regularien wie einer stärkeren Bankenaufsicht, die Konsolidierung des „Landesbankensektors“, aber vor allem für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer (einer Art Umsatzsteuer für Finanztransaktionen), im Umfang von 0,1 %. Dem Einwand, dass man das nicht national machen könne, begegnet er mit dem Vorschlag, dass die zu diesem Instrument Bereiten beginnen sollten, also Deutschland, Frankreich, Finnland (das über eine ausgeprägte „Stabilitätskultur“ verfüge), schließlich die 17 Länder der Eurozone, dann die 27 der EU.
Um die Massenkaufkraft zu erhöhen, die in den letzten 10 Jahren kontinuierlich abgenommen hat (bei Zunahme der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft!), plädierte Peer für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes und für Lohnabschlüsse, die sowohl den Produktivitätsfortschritt widerspiegeln, als auch den Inflationsausgleich berücksichtigen, denn es kann doch nicht angehen, dass ein zu niederer Lohn zur Aufstockung durch Hartz-4 führe, welche vom Steuerzahler finanziert und so auf die Allgemeinheit abgewälzt werde, während der Arbeitgeber seinen Gewinn maximieren könne über Dumpinglöhne!
Den Europakritikern, die mit dem Gedanken eines Ausstiegs aus der Eurozone spielen, hielt er entgegen:
Deutschland profitiert von allen EU-Ländern „ökonomisch und politisch“ am stärksten von der EU, ökonomisch, weil durch die Gemeinschaftswährung 15 Mrd. durch die entfallenen Umrechnungskosten eingespart wurden; der Außenwert würde bei einer Rückkehr zur DM in die Höhe schnellen, was die Exporte verteuert und die Importpreise erhöht und in der „Exportnation“ Deutschland zu politischen „Verwerfungen“ führen würde. Politisch gesehen, sind die Ressentiments gegen Deutschland, resultierend aus dem 2. Weltkrieg und seiner Potenz als großer Wirtschaftsmacht, „erkennbar geschwunden“, was der Stabilität Europas zugute kommt.
In seinem Schlussplädoyer warb Peer dafür, bei aller berechtigten Kritik an Politik und den Politikern das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten, denn wer, wenn nicht die in der Verfassung verankerten Parteien sollte denn „demokratisch legitimierte Mehrheitsentscheidungen, die auf Kompromiss- und Konsensfähigkeit beruhen, zustande bringen“? Alle sich Engagierenden, in der Politik und in Ehrenämtern, hätten es verdient, dass man ihnen und ihrer Arbeit Respekt entgegen bringe. Seiner Partei wünschte er, dass sie weiterhin „eine Plattform für die interessantesten Debatten“ sei, dass es ihr am 27.3. in Baden-Württemberg gelinge, die CDU mit ihrer „Bräsigkeit“ und „Selbstgenügsamkeit“ abzulösen.
Angela Madaus 2011-03-02